Eine Kiste aus Tannenholz, ausgekleidet mit geschwärztem Kork. Als Deckel drei Glasscheiben, eingeschoben mit anderthalb Zoll Abstand zueinander.
Diesen Apparat schleppte Horace-Bénédicte de Saussure 1774 ins Mont-Blanc-Massiv, um die Wärmewirkung des Sonnenlichts zu studieren. Er stellte fest: Die Sonnenstrahlen erhitzten das Innere bis über den Siedepunkt. Und: Die Wärmeentwicklung ist in unterschiedlichen Höhenlagen gleich.
Als Bergsteiger und als Wissenschaftler war Saussure ein echter Pionier. Der Wärmestau in seinem "Capteur Solaire" erklärt zwar nicht direkt die Erderwärmung, aber er inspirierte andere, die der Sache näher kamen...
Spekulation
Fourier 1820
Joseph Fourier glänzte nicht nur als Mathematiker, sondern auch als Physiker. Als Experiment erhitzte er Kanonenkugeln, beobachtete den Verlauf ihrer Abkühlung und rechnete diesen auf die Weltkugel um.
Die Erde, bemerkte er, ist wärmer als ein Körper ihrer Größe es sein sollte!
Woher also kommt der Temperatur-Überschuss?
Könnte es sein, spekulierte der Franzose, dass die Sonnenstrahlung als Wärme in der Erdatmosphäre gefangen bleibt? Also so ähnlich, wie in Saussures Kiste mit den Glasdeckeln? Mit dieser Theorie war er dem tatsächlichen Phänomen schon sehr nahe, hat sie aber wieder verworfen.
Fourier fand eine andere Theorie überzeugender: Das Wärmeplus sei auf kosmische Strahlung zurückzuführen.
Mit seiner anfänglichen Atmosphärentheorie, der er selbst nicht ganz glauben mochte, wurde Fourier dennoch zum Wegbereiter der Klimaforschung.
Beweis
Newton Foote 1856
Die Frage, warum die Erde wärmer ist, als sie sein sollte, ließ die Wissenschaft nicht los. So auch Eunice Newton-Foote, eine entfernte Verwandte des berühmten Isaac Newton.
Sie untersuchte 1856 in einer Reihe von Experimenten die Wirkung der Sonnenstrahlen: Sie füllte Glaszylinder mit komprimierter Luft, mit feuchter Luft, mit Wasserstoff, Sauerstoff und auch mit CO₂. Diese setzte sie unter identischen Bedingungen der Sonne aus.
Am wärmsten wurde das Behältnis mit CO₂. Aus dieser Beobachtung zog die Wissenschaftlerin eine wegweisende Erkenntnis: Mit mehr CO₂ in der Atmosphäre wäre die Erde wärmer. Die erste wissenschaftliche Formulierung des Zusammenhangs zwischen CO₂ und Klima!
Foote's Beitrag blieb jedoch lange unbekannt. Erst im 20. Jahrhundert machten Frauenforscherinnen ihre Pionierleistung sichtbar.
Erklärung
Tyndall 1860
Mit John Tyndall mischt sich der zweite Bergsteiger in die CO₂-Debatte ein. Über die Gletscherforschung stieß er auf Saussure und seine Sonnenlicht-Experimente.
Tyndall war ein begnadeter Apparatebauer. Mit einem komplizierten Spektrophotometer gelangen ihm präzise Messungen und die endgültige Erklärung des Treibhauseffekts – bis zur Molekül-Ebene:
Die Energie der Sonnenstrahlen trifft auf die Erdoberfläche, die dadurch Wärmestrahlen abgibt. Auf ihrem Weg zurück ins All, versetzen diese Strahlen jedoch die CO₂-Moleküle in der Luft in Schwingung. So wird ein großer Teil der Energie auch wieder in Richtung Erde abgegeben. Die Energie verpufft nicht ungehindert ins All zurück, sondern erwärmt unsere Atmosphäre.
Tyndall gilt als Vater der Klimaforschung. Die große Frage: Hat er Foote's frühere Erkenntnisse bewusst unterschlagen? Wahrscheinlich kannte er sie einfach nicht. Denn der Austausch der Wissenschaften über den Ozean hinweg war noch rudimentär.
Biomasse
Im Laufe unseres Lebens schwankt unser Körpergewicht. Egal, ob absichtlich oder einfach so, mal zeigt die Waage mehr an, mal weniger. Hast du dir beim Blick auf die Waage auch schon mal die Frage gestellt, wohin das Gewicht, also deine Biomasse, eigentlich "verschwindet"?
Auch den Biowissenschaftler Ruben Meerman trieb diese Frage um. Er fand heraus:
Bei der Zunahme des Gewichts ist es klar: Du isst mehr als nötig, also setzt dein Körper Fettreserven an und du nimmst zu. Doch die wenigsten Menschen wissen, wie wir eigentlich Gewicht verlieren. Selbst Ärzt:innen, Ernährungsberater:innen, Fitnesstrainer:innen tun sich mit einer Erklärung schwer und liegen oft falsch. Typische Antworten, die Meerman erhielt: Die Masse wird zu Energie. Sie geht ins Klo! Wir schwitzen es weg. Sie wird zu Muskeln...? oder: "Keine Ahnung!"
Tatsächlich aber ist es so: Unser Körper wandelt das Fett in CO₂ und Wasser um: 84% der Kilos werden CO₂, 16% werden Wasser.
Das heißt: Unser Hüftgold wird hauptsächlich zu Luft – wir atmen es einfach als CO₂ aus. Das wichtigste Abnehmorgan ist die Lunge!
Furien und Waldgeister
Wer hat eigentlich CO₂ entdeckt? Über die vergangenen Jahrhunderte taten sich da einige Menschen hervor. Auch wenn sie zum Teil recht unterschiedliche Vorstellungen davon hatten...
Mefitis Im italienischen Ansanto-Tal liegt Mefite di Rocca San Felice – ein Ort, an dem seit Jahrtausenden CO₂, Schwefel und andere Gase aus den Tiefen der Erde blubbern. Vielen Menschen und noch mehr Tieren hat es den Tod gebracht. In vorrömischer Zeit soll hier ein Tempel zu Ehren von Mefitis gestanden haben, der Göttin übelriechender Erdausdünstungen. Die Römer zählten Mefitis zu den Furien, den Furcht und Schrecken verbreitenden Rachegöttinen. Während der Gestank von Mefitis am Schwefel liegt, geht der todbringende Teil des Mythos auf CO₂ zurück.
Spiritus Silvestris Im 17. Jahrhundert kam Johan Baptista van Helmont dem CO₂ auf die Spur. Als Universalgelehrter stand der Flame an der Schwelle zwischen Alchemie und empirischer Wissenschaft. In einem Experiment verbrannte er 62 Pfund Kohle, wovon zu seinem Erstaunen nur ein Pfund Asche übrig blieb. Die anderen 61 Pfund waren wohl als unsichtbarer Geist entfleucht! Diesen mystischen Gesellen nannte er "Spiritus Silvestris", lateinisch für "wilder Hauch" oder auch "Geist des Waldes". Die früheste überlieferte Bezeichnung für Kohlenstoffdioxid.
Fixed Air Mitte des 18. Jahrhunderts bewies der Schotte Joseph Black, dass sich CO₂ aus festen Stoffen lösen und danach wieder damit verbinden lässt – "fixed air" also. Außerdem bewies er, dass die "festgesetzte Luft" in der Atmosphäre und in ausgeatmeter Luft vorkommt.
Ein C, zwei O 1803 stellte der englische Chemiker John Dalton seine Atomtheorie auf. Sie besagte unter anderem, dass jegliche Materie aus kleinsten Teilchen besteht, die nicht teilbar, dafür aber kombinierbar sind. Dabei kam er auch auf die These, dass ein Kohlenstoffatom sich mit zwei Sauerstoffatomen verbindet – zu CO₂ also.
Bling Bling
Schon mal versucht einen Diamanten zu verbrennen? Bei über 800 Grad Celsius brennen selbst größere Diamanten – und gehen als CO₂ vollständig in die Luft!
Tatsächlich ist der Diamant ein entfernter Verwandter der Kohle. Steinkohle entstand über Jahrmillionen unter Druck aus pflanzlichem Kohlenstoff. Noch mehr Druck und Feuchtigkeitsentzug macht aus ihr Anthrazit, auch Glanzkohle genannt. Steigt der Druck weiter und kommen noch hohe Temperaturen hinzu, formt der Kohlenstoff Kristallgitter und wird damit zu Graphit. Siehe Bleistift.
Diamanten bestehen ebenfalls aus Kohlenstoff in Kristallgitter-Anordnung. Sie entstehen tief in der Erde unter besonders heißen Hochdruck-Bedingungen. Und zumindest bei einer Entstehungsart stammt ihr Kohlenstoff ebenfalls aus Pflanzenresten.
Ligroin
Der Tank des ersten "Benz" fasste nur 4,5 Liter. Als Treibstoff diente Ligroin. Bei der ersten öffentlichen Probefahrt 1885 von Carl Benz lief darum der Sohnemann mit einer Flasche dieses Leichtbenzins nebenher, um im Notfall nachzutanken.
Die erste motorisierte Fernfahrt unternahm 1888 die Gattin des Erfinders, Bertha Benz. Sie fuhr im "Benz Patent-Motorwagen Nummer 3" von Mannheim nach Pforzheim – und brauchte für die gut 100 Kilometer zwölf Stunden und 57 Minuten. In Wiesloch musste sie Ligroin Leichtbenzin nachtanken und hielt dazu bei der dort ansässigen Stadtapotheke. Der erste Tankwart der Welt war ein Apotheker!
Rauch & Nebel
Die Klage über Luftverschmutzung ist so alt wie die Nutzung fossiler Brennstoffe.
1661 verfasste der Londoner Gelehrte John Evelyn die erste bekannte Schrift zur Luftverschmutzung: "Fumifugium oder von den Unannehmlichkeiten, die mit der verrauchten Luft in London einhergehen". Das Pamphlet wendet sich mit konkreten Vorschlägen an den König – unter anderem, Kohleöfen zu verbieten.
Mit der Industrialisierung macht auch die Literatur die Luftverpestung zum Thema.
„Der Rauch senkt sich von den Schornsteinen nieder, ein dichter schwarzer Regen von Rußbatzen, so groß wie ausgewachsene Schneeflocken, die in schwarzen Kleidern den Tod der Sonne betrauern wollen." So beschreibt Charles Dickens 1852 in Bleak House die Zustände in London.
Im 20. Jahrhundert verschlimmerte der Straßenverkehr den Smog aus Kohleöfen und Industrie zusätzlich. Das Wort Smog setzt sich aus Smoke und Fog zusammen – Rauch und Nebel. Der wurde 1952 in London so dicht, dass die Stadt zum Stillstand kam. Auch Kinos mussten schließen, weil die Sicht sogar in Innenräumen zu schlecht war. Mehrere Tausend Menschen starben infolge des Great Smog of London.
Endlich warm!
Svante Arrhenius 1896
Warum gab es Eiszeiten? Dem schwedischen Wissenschaftler Svante Arrhenius war klar: Die Menge an CO₂ in der Atmosphäre spielte eine entscheidende Rolle beim vorzeitlichen Klimawandel. Und er berechnete schon 1896 genau, um wieviel Grad die Erdtemperatur bei einer konkreten Abweichung der CO₂-Konzentration steigt oder sinkt.
Müssen wir uns also vor einer neuen Eiszeit fürchten? Nein, meinte Arrhenius. Denn er erkannte auch den Zusammenhang zwischen Industriezeitalter und Klimawandel: "Schon die für Industriezwecke nötige Kohlenverbrennung ist geeignet, den [CO₂-Gehalt] der Luft merkbar zu vermehren." Warme Zeiten stehen an!
Für den Schweden war das noch eine gute Nachricht: "Durch Einwirkung des erhöhten [CO₂-Gehalt] der Luft hoffen wir uns allmählich Zeiten mit gleichmäßigeren und besseren klimatischen Verhältnissen zu nähern, besonders in den kälteren Teilen der Erde; Zeiten, da die Erde um das Vielfache erhöhte Ernten zu tragen vermag zum Nutzen des rasch anwachsenden Menschen-geschlechtes." (Das Werden der Welten)
Aloha CO₂
Charles David Keeling Ab 1958
Wie stark steigt denn nun der CO₂-Gehalt der Atmosphäre tatsächlich, in unserem Industriezeitalter? Diese Frage beantwortete niemand eindrücklicher als Charles David Keeling.
1957 richtete er auf Mauna Loa, Hawaii eine CO₂-Messstation ein. Ein idealer Ort für Langzeitmessungen, da ohne Vegetation und weit weg von den Einflüssen der Zivilisation.
Die Ergebnisse trug er in ein Diagramm ein – die Keeling-Kurve war geboren! Seit 1957 zeigt sie neben den jahreszeitlichen Schwankungen der CO₂-Levels vor allem eins: steil nach oben.
Für manche Wissenschaftlerinnen gehört die Keeling-Kurve zu den wichtigsten wissenschaftlichen Werken des 20. Jahrhunderts. Sie ist zu einem der bekanntesten Symbolen der Klimabedrohung geworden.
Human Impact is a real concern
The Jasons 1965
Ein bisschen wie im Film: Eine geheime Gruppe von hochrangigen Wissenschaftlern – unter ihnen mehrere Nobelpreisträger – kommt jeden Sommer zusammen. Die JASON-Gruppe hilft der US-Regierung und den Geheimdiensten, Antworten auf die größten Bedrohungen des Landes zu finden, von unkonventionellen Angriffen bis zu Naturkatastrophen.
1977-78 studieren "die Jasons" ein bis dahin wenig bekanntes Problem: Was wird passieren, wenn die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre einmal das Doppelte ihres vorindustriellen Werts erreicht? Das wird zwischen 2030 und 2060 der Fall sein, schätzen sie.
Ihr Bericht sagt voraus, dass die globale Temperatur um 2 bis 3 Grad steigen wird, dass es zu Dürren, Problemen in der Wasserversorgung und Migrationswellen kommen wird. Und dass die Pole schmelzen werden. Ein drastischer Bericht – der politisch nahezu folgenlos blieb.
The whole banana
Rafe Pomerance 1980ER
Einer der ersten, der erkannte, wie wichtig es ist, das Wissen über die drohende Klimakrise im Zusammenhang mit dem Anstieg der CO₂-Konzentration in der Atmosphäre öffentlich zu machen, war Rafe Pomerance, ein US-amerikanischer Umweltaktivist.
Als Rafe Pomerance zum ersten Mal im Bericht der JASONs von der atmosphärischen Krise las, verfiel er in einem Zustand des Schocks, der sich rasch zu Empörung ausweitete und schließlich in dem Ausspruch "This is the whole banana" mündete. Seitdem versuchte er wie kaum ein zweiter, bei Politiker:innen, Unternehmer:innen, hohen Beamten, Entscheidungsträger:innen, Bewusstsein über die wissenschaftlichen Erkenntnisse hinter der Klimakrise zu schaffen.
Bis heute ist Rafe Pomerance aktiv und nicht müde, andere davon zu überzeugen, dass die Klimakrise ein lösbares Problem ist.
Prost CO₂
Claude Lorius 1957-1989
Im Whisky die Wahrheit! Oder zumindest die Idee...
1965 überwintert Gletscherforscher Claude Lorius in der Antarktis. Zum Feierabend gönnt er sich einen Whisky, gekühlt mit Arktiseis aus seinen Tiefenbohrungen. Aus dem schmelzenden Eis im Glas sieht er Bläschen aufsteigen – und hat einen Geistesblitz: Die Gase aus dem Glase – das heißt, aus den jahrtausendealten Eisschichten in mehreren Hundert Metern Tiefe – sind einzigartige Zeugen der Luftzusammensetzung zu Urzeiten! Und über die Isotope in den Wassermolekülen lässt sich zusätzlich die Umgebungstemperatur zur Zeit der Eisbildung ablesen.
1984 dann die Expedition, mit der der Franzose seiner Intuition auf den Grund geht. Eine 2.200 Meter Tiefe Kernbohrung ins antarktische Eis gibt Aufschluss über die Klimaentwicklung der letzten 150.000 Jahre. Sowohl die Temperatur als auch der CO₂-Gehalt der Luft lassen sich für diese Periode aufzeichnen. Und siehe da: Die beiden Kurven verlaufen durchweg parallel!
Stadt Regensburg
"Christine" "Hornek"
Kreisfachberaterin für Gartenkultur und Landspflege
Langanhaltende Hitzeperioden sind auch in Regensburg keine Seltenheit mehr. Die Innenstadt heizt sich dabei aufgrund des hohen Versiegelungsgrades überdurchschnittlich stark auf. Verbunden mit zu wenig Niederschlag, stellt dies die Pflanzenwelt vor große Herausforderungen.
Wir vermuten, dass bestimmte Pflanzenarten diesen neuen Gegebenheiten nicht mehr standhalten können. So beobachten wir, dass bei manchen Bäumen die Kronenbereiche austrocknen.
Aber selbst an Orten wie dem Hausgarten, wo mit ausreichender Bewässerung für Ausgleich gesorgt werden kann, ist festzustellen, dass Pflanzen durch langanhaltende Hitze geschädigt werden und ausfallen.
Landkreis Regensburg
Sebastien Lecuyer
Landwirt
Der Klimawandel beeinflusst uns als Landwirte in vielerlei Hinsicht. In den extrem trockenen Sommern gab es Momente, zu denen es nicht möglich war, Kartoffeln zu ernten ohne sie zu beschädigen. Die Trockenheit sorgt dafür, dass die Böden so fest werden und wir mit unseren Maschinen einfach nicht mehr in die Erde kommen. Das führt zu einem erschwerten Arbeiten mit den Maschinen, was sich auch im Dieselverbrauch, den Reparaturkosten und Ersatzteilkosten widerspiegelt.
Teilweise reißt der Boden auf, so dass man einen Meterstab einen Meter in den Boden stecken kann.
Ein Arbeiten nach einem „Schema F“ ist nicht möglich. Es gilt für die Landwirtschaft, uns stetig anzupassen. Sei es durch den Aufbau von Humus oder das Zurückhalten von Oberflächenwasser im Frühjahr, um es dann im Sommer für die Beregnung zu nutzen.
Landkreis Kelheim
Klaus Amann
Geschäftsführer des Landschafts- pflegeverbandes Landkreis Kelheim
Mit der Klimaveränderung stellen wir fest, dass die Extremwetterereignisse zunehmen – also einerseits höhere Spitzentemperaturen und länger anhaltende Trockenphasen, andererseits lokale Starkniederschläge.
Eine Konsequenz: Bei Starkniederschlagsereignissen wird wertvoller Ackerboden abgeschwemmt und landet im Siedlungsbereich oder in Gewässern – mit allen negativen Folgen.
Pilger- wende
So wendet sich das Blatt.
In der Schweiz, einem Land voller schneebedeckter Berge, gibt es eine lange Tradition: Seit 1678 ziehen Gläubige im Ort Fiesch am 31. Juli in aller Früh aus, um die Kapelle im Ernerwald am Aletschgletscher zu erreichen. Eine Prozession mit der Bitte, dass sich der bedrohliche Gletscher nicht weiter ausbreiten möge und das Dorf verschone.
Dreieinhalb Jahrhunderte später, und das Problem hat sich in das Gegenteil verkehrt: Nun bedroht die Gletscherschmelze die Dorfbewohner:innen.
Der Brauch blieb, das Gelübde wurde 2010 angepasst – mit dem Segen des Papstes! Das Anti-Gletscher-Ritual wurde zur Pro-Gletscher-Prozession.
CO₂E
Wenn es um Treibhausgase und den Fußabdruck geht, stößt man oft auf die Bezeichnung CO₂e. Gemeint ist damit das sogenannte Treibhauspotential verschiedener Gase. Denn nicht jedes Gas, das zur Erderwärmung beiträgt, tut dies in gleichem Maß. Als Maßstab wird dabei CO₂ verwendet, weshalb es auch CO₂-Äquivalent genannt wird.
Ein Beispiel: Ein Kilo Methan trägt in den ersten 100 Jahren nach seiner Freisetzung 28 Mal so viel zum Klimawandel bei wie ein Kilo CO₂. Wer also den Effekt seiner Emissionen zusammenzählen will, rechnet für jedes Kilo Methan 28kg CO₂e.
Kritischer Abdruck
Der Fußabdruck als Metapher für Klima-Auswirkungen – wer hat sich das ausgedacht? Umweltaktivist:innen? Eine Regierung?
Weit gefehlt. Sein Ursprung liegt in einer Kampagne der Werbeagentur Ogilvy & Mather – im Auftrag des Mineralölkonzerns British Petrol (BP)!
Deren "CO₂-Fußabdruck-Rechner" von 2004 war sofort ein Erfolg – und prägt bis heute die Treibhausgas-Debatte. Seitdem können wir unsere persönliche Klimawirksamkeit berechnen, während British Petrol weiterhin jährlich Millionen Tonnen Mineralölprodukte verkauft.
Der "Fußabdruck" entspringt also den Interessen der Ölindustrie: Er stellt den CO₂-Ausstoss gezielt als eine Frage des persönlichen Verhaltens dar. Und blendete so den Einfluss von Entscheiderinnen in Industrie und Politik aus.
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Alle reden von CO₂.
Ein Stoff, der in jedem Atemzug steckt.
Und wie kein anderer unseren Planeten bedroht.
Was ist CO₂?
Was hat es mit unserem Leben zu tun?
Warum wird es zur Gefahr?
CO2
Der Schicksalsstoff
Gute Atmosphäre
Was hat CO₂ mit Klima zu tun?
CO₂ liegt in der Luft...
Kohlendioxid, oder CO₂, gehört zu einer guten Atmosphäre.
Denn gemeinsam mit Methan, Lachgas und Wasserdampf bildet es die natürliche Klimaanlage unsrer Erde.
Kleines Gas, große Wirkung!
Ohne CO₂ und die anderen Gase wäre hier nicht viel los:
Das Sonnenlicht erreicht die Erde. Ein Teil der Energie wird zum Beispiel durch Eisflächen in den Weltraum zurück reflektiert. Ein Teil wird von der Erdoberfläche absorbiert und strahlt größtenteils als Wärme wieder ins All zurück.
Zum Glück gibt’s CO₂.
Die abgestrahlte Wärme versetzt CO₂ und die anderen Gase in der Atmosphäre in Schwingung. Die Gase geben die Wärme in alle Richtungen wieder ab – auch in Richtung Erde. Die Erde wird erwärmt.
Frostige Durchschnitts temperatur: -19°C
Wohlige Durchschnitts temperatur: 14°C
Ohne CO₂ wäre die Erde für uns Menschen unbewohnbar.
Die Entdeckung
Seit wann kennen wir den Zusammenhang zwischen CO₂ und Klima?
CO₂ tut gut.
Pflanzen wachsen ganz allmählich, ohne dass wir es richtig merken. Und doch legen sie über die Zeit kräftig zu. Bäume zum Beispiel entwickeln tonnenweise Holz.
Aber woher nehmen sie das Material dafür?
Ungefähr die Hälfte des Materials ist Wasser, das die Wurzeln aus der Erde ziehen.
Aber wo nimmt der Baum den Rest her?
Tatsächlich aus der Luft:
Holz besteht im Wesentlichen aus Kohlenstoffverbindungen. Den Kohlenstoff dafür zieht der Baum aus der Luft – das „C“ aus dem CO₂.
Ein Douglasienbaum bindet im jahr 46,5 Kilo CO₂.
Das O₂ – den Sauerstoff – geben sie zurück in die Luft.
Das CO₂ nehmen die Blätter über Poren auf.
In ihren Zellen folgt dann die Photosynthese: Mithilfe von Photonen aus dem Sonnenlicht, spalten sie das C ab.
Aus dem Kohlenstoff macht die Pflanze als erstes Zucker, zum Beispiel für ihre Früchte.
Manche, wie der Olivenbaum, machen daraus sogar Fette. Und natürlich die Zellulose für das Holz.
Anders als die Pflanzen können wir Menschen den Kohlenstoff nicht aus der Luft ziehen. Doch über die Nahrung gelangt das C auch in unseren Körper.
Darum essen wir Pflanzen – oder auch Tiere, die ihrerseits Pflanzen fressen.
Ein Erwachsener mit 75kg hat knapp 18 kg Kohlenstoff in sich.
Muskeln, Fette, Eiweiße, Zucker, Aminosäuren – also auch die DNA: Unser Körper besteht in erheblichen Teilen aus chemischen Verbindungen mit Kohlenstoff.
Und der kommt über die Pflanzen aus der Luft!
CO₂ ist Ausgangsstoff für die Biomasse aller lebenden Organismen.
Kosmische Kraft
Was hat CO₂ mit Energie zu tun?
Um an das „C“ des CO₂ zu kommen, muss die Pflanze es vom „O₂“ trennen. Dazu braucht sie Energie – die Energie des Sonnenlichts.
Energie wird – im physikalischen Sinn – nie „verbraucht“, sondern nur umgewandelt.
Durch die Spaltung wandelt die Pflanze Sonnenenergie in chemische Energie um – gespeichert in den Kohlenstoffverbindungen, die die Pflanze herstellt.
Zum Beispiel als Zucker – in Form von Saccharose, Raffinose oder Stachyose.
Oder auch Zellulose, die im Holz der Bäume steckt.
Der Zucker und das Holz sind Energieträger. Sie enthalten gespeicherte Sonnenenergie.
Diese Energie wird frei, wenn sich der Kohlenstoff wieder mit Sauerstoff zu CO₂ verbindet.
Das geschieht zum Beispiel, wenn wir Holz verbrennen.
Oder auch, wenn unsere Zellen aus dem Zucker die Energie ziehen, die der Körper für Wärme, Bewegung und sonstige Aktivitäten braucht.
Das entstehende CO₂ entweicht in beiden Fällen in die Luft. Der Kohlenstoffkreislauf schließt sich.
Co₂ ist Anfang und Ende des biologischen Energiekreislaufs
An diesem Kreislauf beteiligen sich auch Fossile Brennstoffe. Allerdings mit einer Verzögerung von Millionen Jahren.
Kohle
Gepresste Landpflanzen
250 bis 350 Mio Jahre alt
Der Kohlenstoff der Kohle stammt aus Urzeitpflanzen. Deren Biomasse lagerte sich in Sumpfböden ab, zunehmend bedeckt von Sedimentschichten. Hoher Druck und hohe Temperaturen verdichteten sie und wandelten sie allmählich in Kohle um.
Erdöl
Eingelegte Meeresfrüchte,
65 bis 200 Mio Jahre alt
Abgestorbenes Plankton – also pflanzliche und tierische Mikro-Organismen im Meer – ist der Ausgangsstoff für Erdöl. Es sank zum Grund, wo Sedimente es überlagerten und zusammenpressten. Auch hier führten Druck und Wärme schließlich zur Umwandlung der Biomasse in die Kohlenstoffketten des Erdöls.
Gas
Energiepups,
65 bis 250 Mio Jahre alt
Erdgas entsteht aus den gleichen Plankton-Ablagerungen wie Erdöl und kommt meist in den selben Lagerstätten vor. Der Unterschied? Hauptsächlich die Temperatur: Zwischen 60 und 170 Grad entsteht Erdöl, bei höheren Temperaturen fast nur noch Gas. Doch auch bei der Entstehung von Kohle kann sich Erdgas bilden.
Torf
Moorfilz,
Jahrtausende alt
Torf entsteht in Mooren, wo Pflanzenreste sich unter sauren, sauerstoffarmen Bedingungen nur teilweise zersetzen. Mit dem Grad der Verdichtung steigt der Brennwert dieses organischen Sediments. Besonders geeignet sind Pflanzen mit verfilzten Wurzeln – vor allem das Torfmoos, auch Sphagnum genannt.
In allen Fällen besteht der Brennstoff Fossiler Träger aus Kohlenstoff, den Pflanzen vor ewigen Zeiten per Photosynthese aus der Luft gezogen haben.
Fossile Energie ist Uralte Sonnenenergie
Fossile Revolution
Woher kommt das viele CO₂?
Mit „fremder“ Energie mehr zu schaffen, als die eigene Kraft hergibt – eine Idee so alt wie die Menschheit.
Segel in den Wind halten
Tiere einspannen
Wasser arbeiten lassen
Holz in Wärme verwandeln
Auch im Transportwesen macht die Kohle Dampf.
1807: Erster kommerzieller Flussdampfer in New York
Schnell wird die Dampflok zum Sinnbild des neuen Zeitalters.
1825 in England 1835 zwischen Nürnberg und Fürth
Mit dem Raddampfer können amerikanische Landwirte ihre Waren flussauf und flussab anbieten.
Keine Entdeckung hat das menschliche Leben jedoch radikaler verändert als fossile Brennstoffe.
Den Anfang macht die Kohle.
Ab dem 13. Jahrhundert
Anfang 18. Jahrhundert
1776
Ab dem 19. Jahrhundert
Dann macht die Dampfmaschine Kohle zum echten Gamechanger.
Doch eine Erfindung von James Watt bringt die entscheidende Wende:
Von nun an sind Fabriken nicht mehr an Wasserkraft und damit an Flussläufe gebunden und sprießen überall aus dem Boden.
Ab dem 17. Jahrhundert
Dabei steht sie zu Beginn selbst ganz im Dienst der Kohle:
Die ersten Modelle sind nur dazu da, eintretendes Wasser aus den Kohleminen zu pumpen.
In Form von Dampf setzt Kohlekraft bald alle erdenklichen Apparate in Bewegung.
Die Kohle dient fortan der Maschine – und dem Fortschritt.
Immer schneller produzieren sie immer mehr Güter des täglichen Bedarfs, für immer mehr Menschen.
Sie hat ihren ersten großen Auftritt, als Holz immer knapper und teurer wird – vor allem in den Städten.
Die meisten Londoner steigen auf Kohle als Heizstoff um.
Erste Handwerker wie Schmiede und Brauer nutzen in London Kohle statt Holz.
Eisenbahn und Industrie treiben den Hunger nach Eisen und Stahl.
Und auch in der Stahlindustrie bringt die Kohle den Durchbruch: Bereits 1709 befeuert Abraham Darby einen Hochofen mit Koks.
Koks wird aus Steinkohle gewonnen. Weil bei seiner Verbrennung weniger Rauch, Ruß und Schwefel entsteht, eignet es sich für die Verhüttung.
Kohle macht die Eisenverhüttung zur Schwerindustrie – während die kohlebefeuerte Industrialisierung immer mehr Stahl fordert. Fossile Energie wird zum selbstverstärkenden System.
1826: Gaslampen leuchten in fast allen englischen Städten über 10.000 Einwohnern
Bald brachte Kohle – beziehungsweise das Koks der Hochöfen – auch die Erleuchtung.
Bei der Herstellung von Koks entsteht Gas. Dessen kommerzielle Nutzung zur Beleuchtung beginnt in London.
Mit dem Kohlengas lässt sich fossile Energie über ein Leitungsnetz vertreiben.
1807: Gasleuchten erhellen die Pall Mall im Herzen des Londoner Geschäftslebens
In den USA leuchtet ab Mitte des 19. Jahrhunderts ein neuer fossiler Brennstoff: Erdöl.
Zuvor brannte in amerikanischen Lampen hauptsächlich Walöl.
Bis Samuel Kier herausfindet, dass sich das nervige Erdöl, das seine Salzquellen verpestet, zu Kerosin verarbeiten lässt. Er gründet eine Raffinerie für Erdöl und erfindet gleich die passende Lampe dazu.
Mit der Nutzung als Leuchtmittel beginnt die kommerzielle Förderung von Erdöl.
1859 entwickelt Edwin Drake ein neues Bohrverfahren - und löste damit den ersten Boom aus.
Die Geburtsstunde der heutigen Ölindustrie.
Bald darauf sorgt die Kohle wieder für Konkurrenz im Beleuchtungsgeschäft.
Und revolutionierte den Energiesektor ein zweites Mal.
1882 geht in London die „Edison Electric Light Station“ in Betrieb – das erste Kohlekraftwerk für öffentliche Stromversorgung.
Die Energie der Kohle kann nun durch Drahtleitungen transportiert werden.
Eine Dampfmaschine treibt Edisons "JUMBO"-Generatoren an. Die erzeugen Strom für 3.000 Straßenlampen...
...und einige Wohnungen.
Anfang des 20. Jahrhunderts erlebt Erdöl seinen großen Durchbruch als Treibstoff
Carl Benz patentiert 1886 das erste Automobil – der Startschuss für den motorisierten Individualverkehr.
Auch der Traum vom Fliegen wird erst mit Flüssigtreibstoff richtig wahr: 1903 bauen die Wright-Brüder das erste Motorflugzeug.
Und mit der Erfindung des Düsenantriebs in den 1930ern mausert sich das Flugzeug allmählich zum Massenverkehrsmittel.
Zugleich geht es immer noch um Wärme: Nach dem zweiten Weltkrieg wird die Zentralheizung zum neuen Standard.
Damit laufen Gas und Öl der Kohle als Heizstoff den Rang ab.
Wohnungswärme bleibt dabei immer noch stabil fossil.
Fossile Energie stand lange für spürbaren Fortschritt
Dicke Luft
Was sind die Folgen?
Dass der Qualm von Kohle & Co. die Luft verpestet, war von Anfang an klar.
die Unsichtbare Gefahr
Heute wissen wir: Noch gefährlicher sind die Abgase, die wir nicht sehen.
Vor allem CO₂.
Solange wir hauptsächlich Holz verbrannten, kam nur das CO₂ zurück in die Luft, das die Bäume vor wenigen Jahrzehnten aus der Luft gezogen hatten...
Bei fossilen Brennstoffen kommt mit dem CO₂ Kohlenstoff in die Atmosphäre, der Millionen Jahre in Form von Kohle, Erdöl und Erdgas im Boden gebunden war.
...und das nachwachsende Bäume auch wieder aufnehmen konnten.
Nur einen Teil davon können Pflanzen wieder in Biomasse umwandeln.
Fossile Brennstoffe steigern den CO₂-Gehalt der Atmosphäre.
Eunice Newton Foote und John Tyndall verstanden den Zusammenhang zwischen CO₂ und Temperaturanstieg bereits um 1850.
Doch die tatsächliche Erwärmung der Erde durch Fossile Brennstoffe und ihr CO₂ zeigte sich erst, als die Industrialisierung Fahrt aufnahm.
Die Menschgemachte Erderwärmung kennen wir seit mehr als 100 Jahren
Die Auswirkungen
Extremwerte wie die Hitzetage haben sich in der Zeit in Regensburg verdoppelt – von 30 auf 60 pro Jahr.
Die „Heat Stripes“ für die Region Regensburg-Kelheim verdeutlichen die Dynamik:
Die letzten Jahrzehnte liegen fast durchweg im roten Bereich.
Die Klimaerwärmung verändert Landschaften und Lebensräume deutlich - auch bei uns.
Häufigere und extremere Hitze heißt einerseits mehr Trockenheit und Dürre...
...andererseits mehr Starkregen und Überschwemmungen.
Hinter diesen scheinbar paradoxen Extremen liegt ein und dieselbe Erklärung:
Je wärmer die Luft, desto mehr Wasser kann sie speichern.
Bei Hitze verdunstet mehr Wasser aus Boden und Pflanzen. Sie trocknen schneller aus.
In der warmen Luft kann sich zugleich mehr Wasser sammeln – bis es als Starkregen wieder zur Erde fällt.
Die ausgetrockneten Böden können das Wasser nur sehr langsam aufnehmen..
Es wird als Flutung davongespült, während die Unterschicht des Bodens trocken bleibt.
Der Klimawandel wirkt auch lokal – und persönlich!
Auch die Wälder sind betroffen
Immer mehr Bäume halten den Herausforderungen nicht stand.
Zugleich verändert die Wärme die Fauna. Manche Arten gedeihen plötzlich prächtig...
...während die Menge und die Vielfalt der Insekten immer mehr zurück geht.
Eine der markantesten Klimafolgen in der Alpenlandschaft: Das Schwinden der Gletscher.
Bayern hat fünf Gletscher:
Zumindest galt das bis 2022. Denn seither sind es nur noch vier!
Denn Messungen Südlichen Schneeferner ergaben: Das Eis ist nicht mehr dick genug, um Druck für eine Abwärtsbewegung zu erzeugen. Damit ist er per Definition kein Gletscher mehr.
2023: Bayerns wärmstes Jahr ever... ...bis jetzt.
Die Bayerischen Gletscher sind relativ klein – und dadurch um so sensiblere Indikatoren für den Klimawandel.
Ski-Opening direkt nach dem Oktoberfest? Die Zeiten sind jetzt schon vorbei!
Schon 2040 wird es in Bayern wohl keine Gletscher mehr geben. Da sie ohnehin recht klein sind, bleiben wohl auch die Auswirkungen gering.
In anderen Gebieten ist das deutlich dramatischer: Es droht öfter Niedrigwasser, wenn das Schmelzwasser der Gletscher als Reserve ausbleibt.
Schwanken bis es Kippt
Gebirgsgletscher zählen zu den sogenannten Kippelementen im Klimasystem.
Kippelemente bleiben zunächst stabil – auch bei größeren Schwankungen.
Überschreitet die Veränderung aber einen kritischen Schwellenwert – den Kipppunkt – verändert sich das System unumkehrbar.
Wie ein Baum, der dem Wind nachgibt und doch wieder geradesteht, sobald Windstille herrscht.
Auch wenn der Wind nachlässt, kehrt der Baum nicht mehr in seinen Ausgangszustand zurück.
Dabei lässt sich kaum vorhersagen, wann ein Kipppunkt erreicht sein wird.
Oft beschleunigen Rückkopplungseffekte die Entwicklung.
Bei Gletschern zum Beispiel die sogenannte Eis-Albedo-Rückkopplung:
Eis und Schnee sind hell. Sie reflektieren das Licht der Sonne zum Teil zurück ins All.
Je weniger Schnee, desto mehr dunkle Landflächen, die sich mit den Sonnenstrahlen aufwärmen.
Mehr Sonnenenergie bleibt in der Atmosphäre – was die Schneeschmelze weiter beschleunigt.
Grönland- und Antarktiseis zählen wie Gletscher zu den Kippelementen des Klimas – inklusive selbstverstärkendem Albedo-Effekt.
Die Folgen sind aber noch drastischer: Hier lässt die Schmelze direkt den Meerespiegel steigen.
Eine Faustregel besagt: Mit jedem Zentimeter Anstieg sind sechs Millionen Menschen auf der Welt zusätzlich Küstenüberflutungen ausgesetzt.
Dabei gibt es auch jenseits von Eis und Schnee noch reichlich Kippelemente.
Jeder einzelne von ihnen kann das menschliche Leben auf der Welt radikal verändern.
Klimawandel Bedroht unser Leben
Neues Leben
Was nun, was tun?
Die Bedrohung des Klimawandels zu begreifen ist eine beklemmende Erfahrung.
Menschen reagieren sehr unterschiedlich darauf – ob privat oder in der Politik.
Die Erkenntnis sacken lassen und lernen, damit umzugehen – für die meisten von uns ein schwieriger Prozess.
Fünf Stufen der Klima-Angst?
Die "Fünf Phasen der Trauer" sind ein psychologisches Modell von Elisabeth Kübler-Ross – ursprünglich, um den Umgang todkranker Patienten mit dem Sterben zu beschreiben.
Mit steigender Bekanntheit wurde das Modell auf die verschiedensten Krisenkontexte übertragen.
Auch für das Phänomen der "Klima-Angst" oder "Klimadepression" erweist es sich erstaunlich aufschlussreich.
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6. Handeln
“Das schlimmste ist, wenn wir resignieren.”
Prof. Dr. Wilfried Hagg, Gletscherforscher
1. Ab 2050 Klimaneutral
2. Deutlich unter 2° C Erwärmung
3. Schnell zum Scheitelpunkt der Emissionen
Was ist zu tun?
Global gesehen: Wir müssen aufhören, CO₂ und andere Klimagase auszustoßen.
Und zusätzlich sogar noch CO₂ aus der Atmosphäre holen.
Eine Mammutaufgabe, bei der es um die ganze Welt geht.
Der bedeutendste Meilenstein bisher: Das Pariser Klimaschutz-Abkommen von 2015.
Fast 200 Länder verpflichten sich darin, auf drei Hauptziele hinzuarbeiten.
Was ist zu tun?
Jedes Zehntel Grad zählt.
Fast alle Länder haben das Abkommen inzwischen ratifiziert. Damit ist es als völkerrechtlich bindender Vertrag in Kraft.
Dabei bestimmt jedes Land für sich selbst die Maßnahmen, mit denen es die Klimaschutz-Ziele erreichen will.
Aber immerhin: Das Abkommen von Paris schafft einen Rahmen für weltweite Klimaschutzmaßnahmen. Staaten müssen ihre Anstrengungen jetzt konkret und überprüfbar formulieren.
Was heisst das für Deutschland?
Deutschland muss klimaneutral werden. Und das möglichst schnell.
Dafür gibt es seit 2020 das Bundesklimaschutzgesetz.
...mit konkreten Emissionszielen bis 2045.
Diese Emissionsziele verteilt das Gesetz bis 2030 auf sechs Sektoren...
...mit konkreten, abnehmenden Mengen an Treibhausgas pro Jahr.
Für jeden Sektor ist ein Ministerium verantwortlich. Das Gesetz verpflichtet es, seine Ziele mit geeigneten Programmen durchsetzen...
...bisher mit sehr unterschiedlichem Erfolg.
Ebenfalls Ergebnis des Gesetzes: Der Expertenrat.
Dessen Bericht zeichnet kein rosiges Bild.
Und als einzelne:r?
Wir alle sind betroffen. Aber was kann man als Individuum überhaupt tun?
1. Umdenken
Zum Umdenken brauchen wir als erstes Einblicke und Einsichten.
Im Schnitt stößt jede Person in Deutschland etwa 11 Tonnen CO₂ pro Jahr aus...
5.343
...das sind für jede und jeden von uns 5.343 Luftballons voll CO₂ – jeden Tag!
In welchen Lebensbereichen entstehen unsere CO₂-Luftballons?
(1 Molekül steht für 100 kg CO₂)
Wohnen: 2,2t CO₂e
Strom: 0,5t CO₂e
Mobilität: 2,2t CO₂e
Ernährung: 1,7t CO₂e
öffentliche Infrastruktur: 0,8t CO₂e
Konsum: 3,4t CO₂e
Durchschnittlicher Gesamt-CO₂-Ausstoß pro Kopf und Jahr in Deutschland: 10.800 kg.
2. Handeln
Alle reden vom persönlichen CO₂-Fußabdruck. Der soll sich verringern – nach Maßgabe des Klimaziels von 11 Tonnen auf weniger als eine Tonne CO₂. Für jede:n von uns.
Wie ist das zu schaffen?
Ein Anfang: Auf “Big Points” konzentrieren, um den Fußabdruck zu halbieren:
Sparduschkopf: 0,3t CO₂e
Flugverzicht: 0,5t CO₂e
Gedämmter Wohnraum: 0,5t CO₂e
Pflanzenbetonte Ernährung: 0,5t CO₂e
Ökostrom: 0,5t CO₂e
Weniger Auto fahren: 1,0t CO₂e
Bewusster Konsum: 2,0t CO₂e
Aber wie viel Einfluss hat man als Einzelne:r überhaupt, wenn der größte Teil der Emissionen in Industrie und Energiewirtschaft entstehen?
Dass Individuen mit ihrem Verhalten überhaupt keinen Einfluss hätten, scheint aber auch falsch.
Bei den Millionen Tonnen CO₂ aus Deutschlands Schloten – was richte ich damit aus, den Parmesan auf meinen Spaghetti zu sparen?
Tatsächlich steht das Konzept des persönlichen CO₂-Fußabdrucks in der Kritik.
Denn es schreibt die Verantwortung für Emissionen den Verbraucher:innen zu – die in vielen Bereichen nur sehr indirekt oder nur rein rechnerisch Einfluss auf Emissionen haben.
Es geht um die kritische Masse: Die strukturelle fossile Abhängigkeit ändert sich nur, wenn ausreichend viele in die richtige Richtung gehen.
Es geht darum, Nachfrage zu schaffen für den systemischen Wandel.
3. Einmischen
Den Fußabdruck ergänzt darum der Handabdruck.
Ihn gilt es zu vergrößern.
Denn er steht für das, was man bereits für den Klimaschutz geleistet hat.
Nicht nur bei sich selbst, sondern auch mittelbar durch Einfluss auf andere. Und auf das Große Ganze.
Am nächsten dran bist du auf lokaler und regionaler Ebene.
Oft gibt es bereits Initiativen, in denen man sich als Unternehmen oder als Einzelne:r einbringen kann – mit einem schnell wachsendem Handabdruck.
Auch in der Region Regensburg und Kelheim...
Die Initiativen bringen alle zusammen:...Bürger:innen und Privathaushalte, Unternehmen, Verbände, Wissenschaft und öffentliche Verwaltung.
Individuum und Gesellschaft brauchen einander beim Klimaschutz.
Schaufenster Um:Welt
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Bauer, Philipp, Bocksch, Rene et.al.: 102 grüne Karten zur Rettung der Welt. 5. Auflage. 2022.
Stocker, Thomes, Qin, Dahe, Plattner, Gian-Kasper, Tignor, Melinda M.B., Allen, Simon K., et.al.: IPCC. Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. 2013.
Lee, Hoesung et.al.: IPCC, 2023: Climate Change 2023: Synthesis Report. Contribution of Working Groups I, II and III to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. 2023.